Die Altstadt von Quedlinburg, seit 1994 UNESCO-Weltkulturerbe, ist mit ihren rund 1.300 Fachwerkhäusern ein besonderes Juwel und natürlich allein schon einen Besuch wert. Und so darf ein kleiner Stadtrundgang vor der eigentlichen Wanderung nach Halberstadt natürlich nicht fehlen. Vor dem Rathaus erwecke ich beim Fotografieren anscheinend die Aufmerksamkeit einer, wie sich später herausstellt, 86-jährigen Dame. Als ehemalige Stadtführerin lässt sie es sich nicht nehmen, mir begeistert einen Abriss aus der langen Stadtgeschichte und einige Tipps zu versteckten Sehenswürdigkeiten zu geben. Beim Abschied ist sie allerdings etwas entsetzt, dass ich nicht mit dem Bus, sondern zu Fuß nach Halberstadt möchte.
Auf dem Münzenberg, wo einst ein Benediktinerinnenkloster stand, beginnt die erst in diesem Jahr neu hinzugekommene siebte und nunmehr letzte Etappe des Harzer Klosterwanderweges. Nach dem Verlassen des Stadtgebietes und der Überquerung der Autobahn geht es immer am Rand eines niedrigen Höhenzuges bis nach Halberstadt. Viele Wanderer scheinen hier allerdings (noch) nicht unterwegs zu sein, denn auf dem schmalen Pfad durch das bewaldete Steinholz kann ich neben zarten Gräsern auch ruppigere Kletten und Brombeeren hautnah erleben. In den Harlebener Bergen öffnet sich die Landschaft, Blüten und Schmetterlinge begleiten nun den Kammweg mit schönen Fernblicken auf die Harzhänge. Die folgenden Pfade bei den Thekenbergen, wieder im lichten Wald, bieten dagegen weitere enge Kontaktmöglichkeiten zur heimischen Pflanzenwelt.
Schließlich werden die Wege doch breiter, so dass ich zügig in Richtung Halberstadt weiterwandern kann. Zwischendurch lohnt der Aufstieg zum Gläsernen Mönch, einem Sandsteinfelsen, der einem Mönch mit Kapuze ähneln soll. Am Landschaftspark Spiegelsberge ist bereits die Stadtsilhouette zu erkennen, bis ins Zentrum zieht sich der Weg allerdings. Höhepunkt ist natürlich der Halberstädter Dom, dessen Fassade mit dem großen Rosettenfenster an vergleichbare Sakralbauten in Nordfrankreich erinnert. Trotz schwerer Kriegsschäden sind im westlichen Teil der Altstadt malerische Fachwerkhäuser erhalten geblieben. Am Kloster Buchardi endet der Harzer Klosterwanderweg und meine heutige Wanderung. Für das Orgelstück von John Cages, das in der leider schon geschlossenen Klosterkirche zu hören ist, reicht nur ein Besuch ohnehin nicht aus: Als langsamstes Musikstück der Welt soll es erst im Jahr 2639 enden.