Entlang des Berliner Mauerwegs durch die Innenstadt

Die Sonne steht sehr niedrig über der Spree, als ich am frühen Sonntagmorgen meine Wanderung durch die noch ruhige Innenstadt auf den Spuren der Berliner Mauer beginne. Durch die Grünanlagen des Luisenstädtischen Kanals geht es zum Engelbecken und weiter im Zickzack vorbei an Kreuzberger Häusern, vor deren Haustüren im geteilten Berlin bereits Ostberliner Gebiet anfing und die um einige Meter zurückversetzte Mauer stand. Auf dem einstigen Grenzstreifen sind mittlerweile schicke und sicher nicht ganz billige Wohnungen entstanden. Nur die in die Straße oder den Bürgersteig eingelassene Doppelreihe aus Pflastersteinen erinnert hier noch an den genauen Verlauf der Berliner Mauer.

Am Checkpoint Charlie wird es lebendiger. Touristen fotografieren sich gegenseitig vor dem mit Sandsäcken geschützten Kontrollhäuschen des alliierten Grenzübergangs, neben Burger- und Andenkenläden gibt es natürlich auch den obligatorischen Verkaufsstand mit DDR-Fahnen und alten Uniformen. Wirklich sehenswert ist aber das Panorama »Die Mauer« des Künstlers Yadegar Asisi, das den Besucher sehr realistisch in das Kreuzberg der 1980er Jahre zurückversetzt. Es bleibt touristisch, man kann Trabis für eine Ausfahrt leihen oder mit einem Fesselballon in den Himmel über Berlin aufsteigen. Fortan reihen sich die Sehenswürdigkeiten wie an einer Perlenkette auf: der Potsdamer Platz, das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, das Brandenburger Tor und der Reichstag. Vor dem Hauptbahnhof biegt der Mauerweg ab und folgt dem ruhigeren Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal zu den Friedhöfen an der Liesenstraße und dem Park am Nordbahnhof.

Viel Neues ist beiderseits der ehemaligen Grenze entstanden und der Riss, der quer durch die Innenstadt ging, kaum mehr zu erahnen. Anders sieht es an der Gedenkstätte Berliner Mauer längs der Bernauer Straße aus, die trotz des freundlich grünen Rasens einen Eindruck von den Dimensionen der einstigen Grenzanlagen vermittelt. Es gibt viel zu lesen von eingeebneten Gräbern auf Friedhöfen, der gesprengten Versöhnungskirche und natürlich den Menschen, die bei Fluchtversuchen ums Leben kamen. Etliche Besuchergruppen sind zu Fuß und Rad unterwegs und verbinden den Besuch der Gedenkstätte mit dem Mauerpark etwas weiter. Heute ist Trödelmarkt, junge Leute genießen die Sonne auf den Rasenhängen, während Graffiti-Künstler legal die einstige Hinterlandmauer mit neuen Kunstwerken besprühen. An der Bornholmer Straße endet nicht nur meine heutige Wanderung entlang des Mauerwegs, auch das Ende der Berliner Mauer nahm hier mit der Grenzöffnung in der Nacht des 9. November 1989 seinen Anfang.

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