Bei Berlinern und Vor-langer-Zeit-Zugereisten stehen Sehenswürdigkeiten wie beispielsweise die Reichstagskuppel oder der Fernsehturm meist nur dann auf dem Programm, wenn sich auswärtiger Besuch ankündigt. Höchste Zeit also, einmal ohne Anlass eine Wanderung entlang der innerstädtischen Spree mit etwas Sightseeing zu verbinden.
Meine Tour startet noch sehr ruhig am Moabiter Spreeufer. Vorbei am Spreebogen, dem Schloss Bellevue und dem Haus der Kulturen der Welt nähere ich mich dem Regierungsviertel. Die Liegestühle an der Strandbar »Capital Beach« gegenüber des Hauptbahnhofs sind gut besetzt, im Minutentakt ziehen nun Ausflugsschiffe mit Namen wie »Nofretete«, »Spreekrone« und »Havelglück« an mir vorüber. Zwei junge Frauen erproben Tanzschritte vor der spiegelnden Glasfassade am Paul-Löbe-Haus, vom Reichstag tönen Dudelsackklänge herüber.
Rund um die Spreeinsel begegnet mir viel Altes und Neues: der Berliner Dom aus der Kaiserzeit, das Alte Museum von Karl Friedrich Schinkel und das erst vor kurzem neu entstandene barocke Stadtschloss gegenüber des Lustgartens. Die Nikolaikirche als älteste Kirche von Berlin bildet das Zentrum des Nikolaiviertels auf der anderen Spreeseite. Bereits zur 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 wurde das im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstörte Viertel wieder aufgebaut und mit historisierenden Plattenbauten ergänzt. An den Hochhäusern der Fischerinsel vorbei gelange ich zum Historischen Hafen. Alte Dampfer und Kähne ankern hier dauerhaft vor der Kulisse von Altberliner Häusern am Märkischen Ufer – zu Zilles Zeiten sah es wohl auch nicht viel anders aus.
Hinter der Jannowitzbrücke endet der Uferweg vorerst. Das Stadtbahnviadukt und ein Heizkraftwerk reichen nun bis an den Fluss heran. Etwas weiter soll jedoch demnächst ein neuer Uferabschnitt auf der südlichen Spreeseite für Fußgänger erschlossen werden. Momentan ist es aber nur ein provisorischer Pfad, der mich durch die alternative Zeltstadt »Teepeeland« und an der mittlerweile sanierten Eisfabrik vorbei zur Schillingbrücke bringt. An der East Side Gallery, einem von Künstlern aus der ganzen Welt bemalten Teil der Berliner Mauer, wird es wieder sehr lebhaft. Im benachbarten East Side Park auf dem einstigen Grenzstreifen haben sich vor allem junge Leute einen Platz am Ufer gesucht und lassen den Tag ausklingen. Ich staune über die vielen neuen Wohn- und Geschäftsgebäude, die im Rahmen des umstrittenen Projektes »Mediaspree« hier und am ehemaligen Osthafen entstanden sind oder sich noch im Bau befinden. Berlin erfindet sich wirklich immer wieder neu.