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Kleine Fotoschule für Wanderer

12. August 2023
Steffen Hauser

Gerade als Wanderer möchte man mit eher wenig Aufwand schöne Erinnerungen an Touren oder Ausflüge im Bild festhalten. Auf dieser Seite habe ich einige Tipps zu Bildgestaltung und Technik zusammengestellt, mit denen diese Erinnerungen vielleicht noch ein wenig schöner ausfallen könnten. Selbstverständlich handelt es sich dabei nur um Anregungen, denn wichtig ist vor allem eines: die Freude am Fotografieren! Falls dir noch weitere Fototipps einfallen, kannst du mir natürlich gerne eine E-Mail schreiben.

Smartphone oder richtige Kamera?

Goldene Fotografenregel Nummer 1: »Die beste Kamera ist immer die, die man dabei hat.« Natürlich bietet eine Systemkamera mit Wechselobjektiven unzählige Gestaltungsmöglichkeiten bei hervorragender Bildqualität. Mit einem Teleobjektiv lassen sich entfernte Motive problemlos näher heranholen, was bei Smartphones nur höherpreisigen Modellen vorbehalten ist. Andererseits ist das Smartphone unschlagbar leicht und sowieso immer dabei. Das fehlende Tele- oder Zoomobjektiv muss mit etwas Beinarbeit ausgeglichen werden. Da man sich heutzutage seine Fotos wohl meist nur auf dem Bildschirm ansieht, ist die Bildqualität (zumindest bei Tageslichtaufnahmen) dafür auch mehr als ausreichend. Auf meinen Wanderungen habe ich deswegen fast immer nur ein Smartphone der unteren Mittelklasse dabei, mit dem so gut wie alle Aufnahmen auf diesen Seiten entstanden sind.

Kamera gerade halten

Vor lauter Begeisterung für ein tolles Motiv kann es schon vorkommen, dass man nicht mehr auf die Ausrichtung der Kamera achtet. Gerade bei einem sichtbaren Horizont (wie beispielsweise an Seen oder am Meer) fällt jede ungewollte Bildneigung sofort auf. Abhilfe kann hier ein Gitternetz oder auch ein künstlicher Horizont schaffen, der auf dem Display eingeblendet wird. Auch in der Nachbearbeitung (siehe unten) lassen sich Probleme mit der Bildausrichtung schnell beheben.

Achtung: Meer läuft aus!
Achtung: Meer läuft aus!
Besser: Ausgerichteter Horizont
Besser: Ausgerichteter Horizont

Goldenen Schnitt beachten

Fotos wirken spannender und harmonischer, wenn sich das Motiv nicht genau im Zentrum befindet, sondern etwas an den Rand gerückt wird. Die Regel des Goldenen Schnitts teilt eine Strecke dabei im Verhältnis 3:5 in einen kürzeren und einen längeren Abschnitt. Praktisch sollte man demnach z.B. den Horizont von der Mitte in den oberen oder unteren Teil des Bildes verlegen. Auf die gleiche Weise kann man auch andere Objekte vertikal und/oder horizontal positionieren. Dabei hilft, wie schon zuvor bei der Ausrichtung der Kamera, ein Gitternetz, das optional auf dem Display eingeblendet wird.

Sitzbank teilt Vertikale etwa im Verhältnis 3:5
Sitzbank teilt Vertikale etwa im Verhältnis 3:5
Wegweiser teilt Horizontale etwa im Verhältnis 3:5
Wegweiser teilt Horizontale etwa im Verhältnis 3:5

Tiefenwirkung erzeugen

Idealerweise besteht ein optimales Bild aus Vorder-, Mittel- und Hintergrund. Insbesondere Landschaftsaufnahmen gewinnen deutlich an Tiefe, wenn zu dem flachen Hintergrund mit der Landschaft ein Vordergrundelement hinzukommt. Das können zum Beispiel die Zweige eines Baumes sein, die in das Bild ragen, oder ein Baumstamm, der am Ufer eines Sees ins Wasser gefallen ist. Auch andere Objekte wie Wegweiser oder Sitzbänke eignen sich gut als Vordergrundelemente.

Baumwurzel als Vordergrundelement
Baumwurzel als Vordergrundelement
Zweige als Vordergrundelemente
Zweige als Vordergrundelemente

Interessante Perspektiven suchen

Die meiste Zeit wird man natürlich bequem aus der eigenen Augenhöhe fotografieren. Es lohnt sich aber, hin und wieder auch nach neuen und ungewöhnlichen Perspektiven zu suchen. So kann man zum Beispiel in die Hocke gehen und einen Weg von weiter unten aufnehmen. Ebenso lassen sich Motive einbeziehen, an die man sonst weniger denkt: Blüten und Pflanzen am Wegesrand, Tierspuren im Sand oder ausladende Kronen alter Bäume.

Aus der Hocke: Tierspuren im Sand
Aus der Hocke: Tierspuren im Sand
Blick nach oben: Baumkronen von Buchen
Blick nach oben: Baumkronen von Buchen

Morgen- und Abendlicht nutzen

Goldene Fotografenregel Nummer 2: »Von elf bis drei haben Fotografen frei«. Stimmungsvollere Aufnahmen als in der prallen Mittagssonne entstehen in den Morgen- und Abendstunden, wenn die Sonne noch (oder schon wieder) tief steht und ein warmes Licht ausstrahlt. Und besonders atmosphärisch wird es, wenn am frühen Morgen geheimnisvolle Nebelschwaden aus Wiesen aufsteigen. Gerade bei weiter entfernten Wanderzielen wird man sich allerdings eher nach dem Fahrplan der öffentlichen Verkehrsmittel richten als nach dem Stand der Sonne. Ab und an macht es jedoch auch Spaß, bei kürzerer Anreise einmal im ersten (oder letzten) Sonnenlicht auf Motivsuche zu gehen.

Nebel in der Döberitzer Heide
Nebel in der Döberitzer Heide
Sonnenuntergang auf dem Tempelhofer Feld
Sonnenuntergang auf dem Tempelhofer Feld

HDR-Modus verwenden

Anders als das menschliche Auge erfasst ein Kamerasensor oft nur einen kleineren Helligkeitsumfang. Bei sehr kontrastreichen Motiven kann es daher vorkommen, dass ein heller Himmel nur einheitlich weiß und tiefe Schatten komplett schwarz wiedergegeben werden. In diesem Fall hilft der HDR-Modus der Kamera, bei dem kurz nacheinander zwei oder mehr Bilder mit unterschiedlicher Belichtung aufgenommen und zu einem Bild mit ausgeglichenen Kontrasten kombiniert werden. Einziger Nachteil: Bei sich schnell bewegenden Objekten wie fliegenden Vögeln können Doppelkonturen auftreten.

Keine Zeichnung in hellen und dunklen Stellen
Keine Zeichnung in hellen und dunklen Stellen
Ausgeglichene Aufnahme im HDR-Modus
Ausgeglichene Aufnahme im HDR-Modus

Bilder nachbearbeiten

In vielen Fällen wird ein schönes Foto mit etwas Nachbearbeitung noch ein wenig schöner. So kann man beispielsweise im Nachhinein den Bildausschnitt verändern, Farben und Helligkeiten anpassen, den Horizont begradigen oder bei Architekturaufnahmen stürzende Linien entfernen. Es braucht zwar etwas Zeit, aber oftmals gar keine teuren Programme, denn selbst mit kostenlosen Programmen und Apps lassen sich gute Ergebnisse erzielen. Ich persönlich verwende gerne Rawtherapee, welches jedoch mit seinen unzähligen Funktionen anfangs etwas unübersichtlich wirkt.

Ohne Nachbearbeitung
Ohne Nachbearbeitung
Mit Nachbearbeitung
Mit Nachbearbeitung

Nur die besten Bilder behalten

Goldene Fotografenregel Nummer 3: »In der Kürze liegt die Würze« oder »Weniger ist mehr«. Wer kennt das nicht: Gigabyte um Gigabyte füllt sich die Speicherkarte (und die heimische Festplatte), schließlich kosten digitale Fotos im Gegensatz zu früher, wo Filme teuer waren, nichts mehr. Ob man sich diese Bilderberge je wieder anschauen wird? Es lohnt sich, zu Hause kräftig auszusieben und nur die schönsten Aufnahmen zu behalten. Also lieber ein oder zwei gute Bilder von einem Motiv aufheben als weitere mittelmäßige oder schlechte Variationen. Über eine aufgeräumte Fotosammlung freut man sich später nicht nur selbst, sondern auch Freunde und Bekannte, denen man die Wandererinnerungen vielleicht einmal zeigen möchte.